Altendorf, Chemnitz
Jahr
2018
Projektumfang
Lph 1-4
Nutzfläche
4.000 m²
Baukosten
5,5 Mio. €
Wohneinheiten 50
Ende des 19. Jahrhunderts entstand im Königreich Sachsen, damals eines der einflussreichsten Industrie- und Handelsstaaten Mitteleuropas, die Königliche Landeserziehungsanstalt für Sehbehinderte und Schwachsinnige zu Chemnitz Altendorf (1). Der Sozialkomplex demonstrierte ein besonders fortschrittliches Konzept für diese Zeit. Neben Wohnheimen und Pflegeeinrichtungen fanden auch Schulen und Werkstätten zur beruflichen Ausbildung hier Platz. Mit ihrer Kirche, unterschiedlichen Versorgungsbauten und den dazugehörigen Feldern, bildete die Anlage eine nahezu autarke Ortschaft, die ihre Bewohner auf das Leben in der Öffentlichkeit vorbereiten sollte.
Leider blieb die 1906 fertiggestellte Anstalt nicht lange unbeschadet. Während der beiden Weltkriege dienten einige ihrer Gebäude als Lazarett, andere blieben leer und verfielen. Zu Zeiten der DDR wurde in der Anlage ein Altersheim für Blinde gegründet. Seit der Wende wurden nach und nach alle Gebäude wieder in Betrieb genommen. Der letzte Leerstand war Haus 40.
Heute wird die Anlage von der öffentlichen Hand und gemeinnützigen Vereinen genutzt. Das Haus 40 sollte das bereits existierende Raumprogramm erweitern und mit seiner öffentlichen Nutzung einen Referenzpunkt für den Standort bilden. Neben Tagespflege und Gastronomie im Erdgeschoss, sollten 50 betreute Appartements im Gebäude Platz finden. Im Anbau sind 12 Plätze für stationäre Demenzpflege vorgesehen.
Eine gebogene Rampe stellt mit einladender Geste den barrierefreien Zugang zum Haus 40 her. Die Mitte des Erdgeschosses wird zu zwei großen Gasträumen zusammengelegt. Der Freibereich der Gastronomie auf dem Dach des Anbaus gibt den Blick auf die Felder mit Pferdehof am nördlichen Ende der Anlage frei. Der Demenzflügel im Anbau ist in das leicht abfallende Gelände eingegraben und von terrassierten Gärten umgeben. Diese gliedern den Freiraum in wiedererkennbare, gut abgegrenzte Bereiche für die Patienten mit Orientierungsschwierigkeiten. Ähnlich ist auch das Flursystem in den oberen Geschossen in räumlich gefasste Eingangszonen mit 4-6 Wohnungseingängen aufgeteilt, um von den Bewohnern leichter wiedererkannt zu werden.
Um den denkmalgeschützten Bestand an die Anforderungen seiner künftigen Nutzung anzupassen, waren einige Eingriffe in die Bausubstanz notwendig. Die neue Raumaufteilung, die Installation innenliegender Aufzüge und die öffentliche Zugänglichkeit stellen einen völlig neuen Zustand her, der jedoch dem historischen Charakter des Gebäudes gerecht kommt.
(1) http://www.altes-chemnitz.de/chemnitz/krankenhausbauten.htm#blindenanstalt